[LEERES_AUDIO] Die Schweiz hat in den Alpen eine sehr markante Topographie. Wir sehen das hier auf einer alten Postkarte von etwa 1900, welche eine Ansicht von Interlaken aus auf die Jungfrau zeigt. Wir blicken hier auf fast 3600 Meter Höhendifferenz in knapp 20 Kilometer Entfernung. Diese markanten Höhenunterschiede haben auch einen Einfluss auf die Messnetze. Wie dieser Zusammenhang aussieht und wofür Messnetze überhaupt gut sind, wollen wir uns im folgenden Video anschauen. Ein Messnetz ist übrigens ein Verbund von Messstationen an verschiedenen Standorten, welche alle dieselbe Größe messen. Zum Beispiel Abfluss oder Niederschlag. Wozu sind also solche Messnetze gut? Umweltbeobachtungen wurden schon vor hunderten von Jahren gemacht. Wie zum Beispiel im Kloster Einsiedeln Ende des 17. Jahrhunderts, wo Pater Josef Dietrich im Klostertagebuch das Wetter beschrieb. Das war einige Jahrzehnte, nachdem Matthäus Merian der Ältere diese Ansicht von Einsiedeln erstellte. Früher stand bei Umweltbeobachtungen vor allem auch die Landwirtschaft im Vordergrund. Das heißt, Ereignisse wie Gewitter, Hagelschlag oder Frost waren sehr wichtig für die Entwicklung der Saat und damit für die Ernährung. Ein Indiz dafür sind die vielen Bauernregeln mit denen versucht wurde, das Wetter zu deuten und Regelmäßigkeiten im Wetter zu finden. Heute interessiert uns bei Wetter- und Umweltbeobachtungen ein umfassendes Verständnis der Umwelt. Das heißt, die Beobachtungen dienen als Grundlage, um Prozesse in der Natur besser zu verstehen. Zum Beispiel auch in kleinen Einzugsgebieten, wie wir sie hier im Maderanertal im Kanton Uri sehen. Mit diesem Verständnis können wir dann Modelle erstellen, welche dann zum Beispiel wiederum für die Hochwasservorhersage oder den Hochwasserschutz eingesetzt werden können. Ebenfalls können wir mit Messnetzen den Zustand der Umwelt dokumentieren und Veränderungen erkennen. Als Grundlage für alle diese Dinge müssen wir räumliche und zeitliche Muster in den Messgrößen erfassen. Sehen wir uns das am Beispiel des Niederschlags an. Die Niederschlagsverteilung in der Schweiz ist sehr unterschiedlich. Und die Jahresmengen schwanken zwischen etwa 600 und 3000 Millimeter pro Jahr. In Wallis finden wir solche Unterschiede übrigens innerhalb von nur zirka 30 Kilometer Distanz. Vor allem, wenn es dann um ein einzelnes Niederschlagsereignis geht, sind diese Variationen sehr komplex. Gleichzeitig schwankt die Niederschlagsverteilung auch von Jahr zu Jahr und es gibt auch hier große Unterschiede zwischen den Regionen. Wir sehen hier als Beispiel zwei über 150 Jahre lange Messreihen, die in Basel und in Lugano aufgezeichnet wurden. Die Reihen zeigen die jährlichen Niederschlagssumme und wir erkennen, dass die Schwankungen von Jahr zu Jahr recht groß sind. Und diese Schwankungen verlaufen auch nicht immer gleichsinnig. Das heißt, ein besonders feuchtes oder besonders trockenes Jahr an der einen Station muss an einer anderen nicht unbedingt außergewöhnlich gewesen sein. Diese Veränderlichkeit zu erfassen, sind langfristige Messungen nötig. Und auch nur durch solche langen Messreihen können wir langsame Veränderungen und Trends erkennen. Insbesondere können wir auch nur mit langen Messreihen Extremereignisse erfassen, zum Beispiel Hochwasser, die nur selten auftreten. Das Bild hier zeigt als Beispiel den Vierwaldstättersee in Luzern mit einem Seestand, der im statistischen Mittel nur ungefähr alle 100 Jahre auftritt. Dasselbe gilt natürlich auch für Trockenperioden und sehr niedrige Wasserstände. Sie werden sich jetzt vielleicht fragen, ob man hier nicht Satellitendaten einsetzen kann. Wir haben ja heute viele Wettersatelliten und sogar Satelliten, die den Wasserstand von großen Flüssen und Seen messen können. Diese Satelliten sind zwar eine sehr wertvolle Ergänzung, sie können aber Bodenmessungen nicht ersetzen. Viel mehr sind Satelliten auf Bodenmessungen angewiesen, weil ihre Messgeräte regelmäßig geeicht und überprüft werden müssen. Zusammenfassend sind Beobachtungen aus einem qualitativ hochwertigem und möglichst langfristig betriebenem Messnetz äußerst wertvoll für uns. Und welche Bedeutung hat denn nun die Topographie für die Messnetze? Betrachten wir da zuerst einmal die Topographie der Schweiz etwas näher. In dieser Graphik sehen wir, wie sich die Fläche der Schweiz auf die verschiedenen Höhenlagen verteilt. Wir erkennen, dass sich etwa ein Drittel der Landesfläche in Höhen zwischen 400 und 600 Metern über Meer befindet. Das ist das Mittelland, wo etwa zwei Drittel der Leute leben. Mehr als die Hälfte der Fläche liegt aber oberhalb von tausend Metern über Meer. Und immer noch fast ein Viertel liegt oberhalb von 2000 Metern über Meer. Vergleichen wir nun diese Topographie mit einigen Messnetzen, welche für das Wasser wichtig sind. Und schauen wir uns an, wie diese Messnetze die verschiedenen Höhenlagen abdecken. Zuerst zum Niederschlag. Wir haben schon gesehen, dass die räumliche und auch die zeitliche Variabilität beim Niederschlag groß ist. Deshalb wäre ein dichtes Messnetz hier sehr wünschenswert. Grundsätzlich ist das Niederschlagsmessnetz in der Schweiz auch sehr dicht und im Mittel deckt eine Station zirka 90 Quadratkilometer ab. Das ist knapp zweieinhalb Mal die Fläche des Kantons Basel Stadt. Dies erfüllt insgesamt auch die Empfehlungen der Weltorganisation für Meteorologie. Wir erkennen aber, dass das Messnetz in tiefen Lagen stärker konzentriert ist und dass es in größeren Höhen deutlich weniger dicht ist. Oberhalb von 2000 Metern über Meer, muss eine Station im Mittel fast 450 Quadratkilometer abdecken. Das ist mehr als die Kantone Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden zusammen. Betrachten wir als Zweites den Abfluss. In einer Region wie der Schweiz sind Abflussmessungen besonders wichtig, weil vor allem im Alpengebiet jedes Einzugsgebiet eine ganz eigene Charakteristik hat, die sich nur schwer mit benachbarten Einzugsgebieten vergleichen lässt. Wie wir hier erkennen können, ist das Messnetz für den Abfluss noch stärker auf tiefere Lagen konzentriert als beim Niederschlag. Wir können das allerdings etwas relativieren, weil wir ja an der Messstelle sozusagen immer die gesammelte Charakteristik des gesamten Einzugsgebiets beobachten können. Und damit indirekt auch etwas größere Höhen. Und für die ganz großen Höhen stehen dann eher Gletscher mit ihren eigenen Charakteristiken im Vordergrund. Und die benötigen andere Messnetze. Kommen wir als drittes Beispiel schließlich noch zum Grundwasser. Wir sehen hier, dass dieses Messnetz ausgesprochen stark auf tiefe Lagen konzentriert ist. Dazu ist zu sagen, dass die großen Grundwasserkörper der Schweiz tatsächlich auch vor allem in diesen Höhenlagen zu finden sind. Für ein besseres Verständnis der Prozesse wären aber auch Messungen für kleinere, höhere gelegene Grundwasserkörper sehr interessant. Die Messnetze, die wir betrachtet haben, gewichten also tiefe Lagen zu stark und hohe Lagen zu schwach. Wieso ist das so? Das hat vor allem praktische Gründe. Denn hochgelegene Stationen sind schwerer zugänglich und technisch anspruchsvoller und damit aufwändiger zu warten. Beim Niederschlag, beispielsweise, müssen wir das Messgerät wegen der Kälte beheizen, wenn wir detaillierte Erkenntnisse in großen Höhen gewinnen wollen. Wir können den Aufwand für die Wartung auch etwas geringer halten, indem wir einfachere Geräte aufstellen, zum Beispiel einen sogenannten Jahrestotalisator, wie wir ihn hier im Bild sehen. Ein solches Gerät sammelt den in einem gesamten Jahr fallenden Niederschlag und benötigt viel weniger Wartung. Das hat aber den Nachteil, dass wir über die gesamte zeitliche Verteilung dann keine Aussagen machen können. Zusammenfassend haben wir gesehen, dass Messnetze sehr wichtig sind und dass die Messnetze in der Schweiz in großen Höhen nicht so dicht sind, wie wir uns das eigentlich wünschen würden. [LEERES_AUDIO]