[LEERES_AUDIO] Mein Name ist Alfred Wüest. Ich bin Forscher und Dozent an der Eawag in Kastanienbaum und der EPFL in Lausanne. Jeder See hat seine besondere Ausstrahlung. Es gibt tiefblaue Seen mit großer Sicht in große Tiefe, türkisblaue Seen mit geringer Sicht und es gibt Seen mit einer dicken grünen Oberfläche. All diese verschiedenen Erscheinungsformen sind ein Abbild der Wasserqualität und somit ein Abbild des Einzugsgebiets eines Sees. Ein tiefblauer Bergsee weist eine große Sichttiefe auf, weil nur wenig Algen und nur wenig mineralische Partikel im Seewasser vorhanden sind. Das Bild des Caumasees ist ein Beispiel dafür. Oder hier, der Blausee im Berner Oberland, der berühmt ist für sein blaues, glasklares Wasser. Dieses Bild zeigt den Brienzersee, welcher für seine türkisblaue Farbe bekannt ist. Diese milchige Erscheinung stammt von den riesigen Mengen an Gletscherschliff, welche durch die Aare und die Lütschine von den Gletschern im Einzugsgebiet in den See eingetragen werden. Die farbliche Erscheinung ist geprägt von den feinen mineralischen Partikeln, die nur wenige Mikrometer groß sind. Die Algen haben kaum einen Einfluss, da nur wenige Nährstoffe im Wasser vorhanden sind. Der Luganersee ist ein Beispiel für eine dunkle Türkisfärbung, weil der milchige Ton des Gletscherschliffs fehlt. In diesem letzten Beispiel ist die grüne Färbung geprägt durch eine Massenentwicklung von Algen, die auf ein Übermaß an Nährstoffen hinweist. Das Licht wird durch die dichte Masse der Algen absorbiert und entsprechend reicht die Sicht nur in geringe Tiefe. Ein erstes Fazit: Die zwei Faktoren, die die Trübung und die Qualität des Seewassers beeinflussen, sind einerseits die mineralischen Stoffe und andererseits der Nährstoff Phosphor. Im Folgenden werde ich zeigen, wie sich diese beiden Stoffe im Ökosystem See auswirken. Alle Seen haben für die meiste Zeit im Jahr eine dichte Schichtung. Mit wärmerem und deshalb leichterem Wasser an der Oberfläche und kühlerem und deshalb schwererem Wasser in der Tiefe. Der Übergang vom leichteren an der Oberfläche zum dichteren in der Tiefe erfolgt bei der sogenannten Sprungschicht. In dieser Tiefe nimmt die Dichte des Wassers sprunghaft zu. Diese Sprungschicht befindet sich im Sommer in ca. fünf bis zehn Metern Tiefe. Dabei spielt die Durchsichtigkeit und damit die Trübung des Wassers eine große Rolle. Bei großer Trübung liegt die Sprungschicht höher, da die Sonneneinstrahlung nicht so tief in den See eindringen kann. Bei klarem Wasser liegt sie entsprechend tiefer. Die Erwärmung des Seewassers erfolgt hauptsächlich durch die Sonneneinstrahlung. Wie die Grafik zeigt, ist sie der einzige Wärmeeintrag direkt ins Innere des Sees. Je klarer das Wasser, desto mehr können die Sonnenstrahlen in das Tiefwasser vordringen und auch die tiefen Schichten erwärmen. Umgekehrt, bei trübem Seewasser, bleibt das Sonnenlicht an einer dünnen Schicht stecken und führt im Sommer zu sehr hohen Temperaturen an der Oberfläche. Die anderen Wärmeflüsse wirken sich nur in den obersten Millimetern aus und spielen vor allem in der Nacht eine Rolle, wenn sich kleine, schwerere und kühlere Wasserpakete bilden, die absinken und die Oberflächenschicht durchmischen. In dieser gemischten Schicht wachsen die Algen dank der Sonneneinstrahlung. Wie tief diese produktive Oberflächenschicht reicht, hängt somit stark von der Sichttiefe und somit von der Trübung ab. In einem klaren und sauberen See wachsen die Algen auch noch in großer Tiefe, während in überdüngten Seen der Lebensraum der Algen auf eine dünne Schicht auf der Oberfläche zusammengedrängt ist. Wie viele Algen wachsen, hängt somit vor allem von den Nährstoffen ab, die im System zur Verfügung stehen. Dabei kommt Phosphor eine besondere Rolle zu, weil Phosphor direkt eine steuernde Funktion hat. Je mehr Phosphor in den See gelangt, desto mehr Algen können wachsen. Angetrieben von den Winden verschieben sich die Wassermassen in einem See, somit auch die Trübung und die Nährstoffe, vor allem in der horizontalen Richtung. Deshalb wirkt Seewasser nicht einheitlich trüb, wie man das auf Satellitenbildern sehr eindrücklich erkennen kann. Es entstehen kunstvolle Strukturen, die sich aus dem Zusammenspiel zwischen Trübung, Nährstoffen und Strömungen ergeben. Ein Teil der produzierten Algen und feines anorganisches Material, das eingespült wird, sinkt in die Tiefe ab und produziert neues Seesediment. Beim Wachsen der Algen entstehen ebenfalls Kalzitkristalle. Diese sinken auch in die Tiefe ab und hinterlassen im Sediment eine weiße, feine Struktur. In dieser Abbildung ist ein Ausschnitt von einem Seesediment zu sehen mit der schwarzen Farbe vom organischen Material und der weißen Farbe von den Kalzitkristallen. Je überdüngter ein See ist, desto mehr organisches Material ist im Sediment und führt zu einer schwarzen Färbung. Deshalb ist ein mit Phosphor überdüngtes Sediment meist an seiner schwarzen Farbe zu erkennen. Umgekehrt, eingespültes mineralisches Material führt zu einer Verdünnung des Sediments und somit zu dessen Gesundung. Zum Schluss fasse ich den Einfluss der Trübung und des Phosphors zusammen. Für das Wachstum der Algen ist Sonnenlicht, Phosphor und Kohlendioxid notwendig. Je klarer ein See ist, umso tiefer kann das Licht eindringen und im Idealfall auch noch in 50 oder 100 Metern Tiefe Algen wachsen lassen. In Seen mit sehr viel Gletscherschliff wachsen die Algen somit nur oberflächlich, obwohl eigentlich wenig Algen das Wasser trüben. Umgekehrt führt zu viel Phosphor zu einer hohen Algenkonzentration unmittelbar an der Oberfläche. In Seen ändert sich die Wasserqualität mit der Tiefe. Wenn wir im See schwimmen, fühlen wir sie unmittelbar an der Seeoberfläche. In tiefem Wasser jedoch wird das Algenmaterial von den Bakterien unter Sauerstoffverbrauch abgebaut. Da sehr viel Tiefenwasser in Seen für Trinkwasser verwendet wird, ist es wichtig, dass sich dieser Sauerstoffschwund im Rahmen hält. Die Menge an Phosphor wirkt sich deshalb direkt auf die Wasserqualität in tiefem Wasser aus. Die Qualität des Seesediments bekommen vor allem die Fische zu spüren, die ihre Eier auf dem Seesediment legen. Zu viel organisches Material kann die Eier vergiften und somit zum Absterben der Eier führen. Eingespültes anorganisches Material kann deshalb überlebenswichtig sein für diese Eier. Ich fasse zusammen: Sowohl Trübung als auch Phosphor wirken sich in allen Tiefenschichten des Sees auf die Wasserqualität aus, einschließlich des Sedimentes am Boden. [LEERES_AUDIO]