[LEERES AUDIO] Im zweiten Video zur Wasserkraft in der Schweiz wollen wir die Situation heute kennenlernen. Wir werden sehen, welchen Umfang und welche Bedeutung die Wasserkraft in der Schweiz heute hat. Und wir möchten überlegen, welche Vor- und Nachteile die Wasserkraft hat. Beginnen wir mit dem Umfang und der Bedeutung in der Schweiz heute. Diese Graphik zeigt, welchen Anteil die verschiedenen Energieträger an der Stromproduktion haben. Wasserkraft erzeugt zirka 60 Prozent der schweizer Jahresproduktion an Strom. Und damit über 39 Terawattstunden. Der zweite große Produzent sind die Kernkraftwerke mit etwa 34 Prozent. Und weitere kleinere Erzeuger sind konventionell-thermische Kraftwerke, die mit Gas und Kering betrieben werden. Und diverse erneuerbare Energien, wie Photovoltaik, Holz, Biogas oder Windenergie. Noch zu Beginn der 1970er Jahre, übrigens, stammten 90 Prozent der inländischen Stromproduktion aus Wasserkraft. Mit Inbetriebnahme der Kernkraftwerke ist dieser Anteil dann auf den heutigen Wert gesunken. Im Vergleich zu anderen Ländern liegt die Schweiz im vorderen Mittelfeld, was den Anteil der Wasserkraft an der Stromerzeugung betrifft. In Deutschland sind es nur wenige Prozent. Die Mehrheit des Stroms stammt dort aus konventionell-thermischen Kraftwerken, die zum Beispiel mit Braun- und Steinkohle betrieben werden. Spitzenreiter in Europa ist Norwegen, mit einem Wasserkraftanteil von über 95 Prozent. Es gibt außerhalb Europas auch Länder mit nahezu 100 Prozent Wasserkraft, zum Beispiel Buhtan oder Lesotho. Bei Wasserkraft in der Schweiz denkt man wohl als allererstes an Staumauern und Stauseen in den Alpen. Dabei handelt es sich Speicherkraftwerke und Pumpspeicherkraftwerke. Etwas mehr als die Hälfte des Stroms aus Wasserkraft wird in der Schweiz so aus Wasserkraft erzeugt. Wir sehen hier im Bild den Mattmarksee im Saastal. Wird von einem Erdschilddamm aufgestaut, der 1967 fertiggestellt wurde. Pumpspeicherkraftwerke sind ein Sonderfall von Speicherkraftwerken. Mit der Möglichkeit, Wasser in höher gelegene Speicherbecken zu pumpen. Dies wird gemacht, wenn der Strombedarf niedrig ist, das heißt, wenn überschüssiger Strom vorhanden ist. Bei erhöhtem Strombedarf kann das Wasser wieder turbiniert werden und so Strom produziert werden. In der Grimsel-Region ist es zum Beispiel möglich Wasser vom Grimsel-Stausee zum Obernaustausee zu pumpen, den wir hier im Bild sehen. Diese Art der Stromspeicherung wird in Zukunft noch viel wichtiger werden. Denn andere eneuerbare Energiequellen, wie zum Beispiel Wind und Sonne weisen markante Produktionsschwankungen auf. Sie sind von den Wetterbedingungen abhängig und nur unregelmäßig verfügbar. Beim anderen wichtigen Kraftwerkstyp findet keine Speicherung statt, sondern es wird nur das Gefälle entlang des Flusses ausgenutzt. Dies sind Laufkraftwerke oder Flusskraftwerke. Wir sehen hier das Beispiel des Kraftwerks Birsfelden am Rhein. Dieser Kraftwerktyp wird auch Niederdruckwasserkraftwerk genannt, denn im Gegensatz zu den Kraftwerken mit großen Höhenunterschieden besteht nur ein vergleichsweise geringer Wasserdruck. Dieser Kraftwerktyp liefert in der Schweiz etwas weniger als die Hälfte der Stromproduktion aus Wasserkraft. Wir haben nun Speicher-, Pumpspeicher- und Laufkraftwerke kennengelernt. Wo stehen diese Kraftwerke eigentlich und wo wird am meisten Strom produziert? Diese Karte zeigt die Produktionsstandorte. In grün Speicherkraftwerke, in rot Pumpspeicherkraftwerke und in blau Laufkraftwerke. Die Größe der Symbole ist proportional zur maximalen Leistung. Wir sehen, dass sich die Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke in den Alpen konzentrieren. Während die Laufkraftwerke vor allem in den Tallagen sind, aber stärker über die ganze Schweiz verteilt. Insgesamt gibt es zirka 680 Zentralen, wobei große Unterschiede in der Leistung bestehen. Und etwa 90 Prozent der Produktion werden von vergleichsweise wenigen, nur 14 Prozent der Zentralen erzeugt, die dann aber eine große Leistung haben. Und damit sind wir bei der Frage, wo am meisten Strom produziert wird. Welche sind die größten Stromproduktionskantone? Wir sehen auf dieser Darstellung, dass die Bergkantone hervorstechen. Alle Bergkantone zusammen liefern insgesamt Zweidrittel des Stroms aus Wasserkraft. Und alleine das Wallis über ein Viertel. Ebenfalls wichtig sind das Graubünden, das Tessin und außerhalb der Gebirgskantone auch Bern und Aargau. Schauen wir uns abschließend zu dieser Übersicht noch an, wie stark das Potential für Wasserkraft heute ausgenutzt wird. Wir haben im vorangehenden Video ja schon gesehen, dass das theoretische Potential rund 200 Terawattstunden pro Jahr beträgt. Dieses Potential kann nie voll in Strom umgesetzt werden. Denn erstens gilt es zu berücksichtigen, dass längst nicht alles Wasser verarbeitet werden kann. Dies, weil es in der Form von Hochwasserabflüssen auftritt, weil es stark mit Sedimenten befrachtet ist. Aber auch, weil ökologische Anforderungen zu berücksichtigen sind und bei Weitem nicht alle Standorte geeignet sind. Für die Produktion kann zirka ein Viertel des theoretischen Potentials genutzt werden. Von diesem nutzbarem Potential gehen dann weitere Verluste ab, die weitere Verarbeitung entstehen. Sie entstehen durch den Wirkungsgrad durch Turbinen, Generatoren und Transformatoren, wo etwa 20 Prozent verloren gehen. Und durch Reibungsverluste in den Rohren, was etwa weitere fünf Prozent ausmacht. Am Schluss stehen nicht ganz ein Fünftel des theoretischen Potentials zur Verfügung. Und das sind zwischen 35 und 40 Terawattstunden pro Jahr. Kommen wir nun auf die Vor- und Nachteile der Wasserkraft zu sprechen. Ein wesentlicher Vorteil von Wasserkraft ist, dass die Stromproduktion weitestgehend CO2-neutral ist. Im Hinblick auf die menschgemachte Klimaerwärmung ist dies ein wichtiger Pluspunkt. Weiter ist die Energiequelle erneuerbar, weil der Wasserkreislauf ständig neues Rohmaterial liefert. Und tut dies quasi frei Haus und das ganze Jahr über, mit saisonalen Schwankungen, die von Region zu Region unterschiedlich sind. Wenn Stauseen eingesetzt werden, können sich weitere Vorteile ergeben. Zum Beispiel die Abminderung von Hochwassern, sofern die Seen entsprechend bewirtschaftet werden. Das heißt, der Seepegel muss vorausschauend abgesenkt werden, wenn große Niederschläge zu erwarten sind. Weiter kann auch Bewässerungswasser gespeichert werden. Das ist insbesondere in trockenen Weltgegenden maßgeblich. Es kann aber auch bei uns regional, das heißt, in den Trockentälern wie dem Wallis, von Bedeutung sein. Schließlich ein Punkt, der etwas Geschmacksache ist, aber manche Leute finden auch, dass Stauseen als Erholungsräume taugen. Das heißt, sie sind ein Landschaftselement und man kann dort zum Beispiel auch Fischen. In den Alpen zumindest geht das aber nur, wenn vorher auch Fische ausgesetzt werden. Diesen Vorteilen steht eine Reihe von Nachteilen gegenüber. Sie betreffen vor allem ökologische und landschaftliche Aspekte. Beginnen wir mit dem landschaftlichen Aspekt. Der ist offensichtlich, denn Kraftwerke zerstören mehr oder weniger große Lebensräume, sowohl der Natur wie auch des Menschen. Die Staumauern selbst sind dann ein Wanderhindernis für Fische und Wasserlebewesen im Allgemeinen. Dem kann man teilweise mit geeigneten Maßnahmen begegnen, zum Beispiel mit Fischtreppen. Die Problematik ist aber noch nicht vollständig gelöst und die Umsetzung von Maßnahmen dauert sehr lange. Ein prominentes Beispiel ist der Lachs im Rhein, der gegen Mitte des 20. Jahrhundert stark zurückging und im Hochrhein zwischen Basel und Bodensee seit den späten 1950er Jahren völlig ausblieb. Das Wiederherstellen der Durchgängigkeit ist hier immernoch in Arbeit. Dieser Unterbruch der Fließstrecke wirkt nicht nur auf Fische, sondern auch auf den Geschiebetransport, der stark behindert oder ganz unterbrochen wird. Die Folge davon ist, dass sich das Gewässerbett versiegelt und die Verbindung zum Grundwasser geschwächt wird. Im Hinblick auf das Funktionieren der Lebensräume und der Grundwasserneubildung ist dies ein sehr unerwünschter Effekt. Und schließlich wird auch die natürliche Abflussdynamik verändert. Sie kann sich einerseits stark verringern, wenn über lange Zeiträume nur noch wenig Wasser fließt. Das führt zur Veränderung von Lebensräumen. Wie zum Beispiel von Auen, die ohne regelmäßige Überflutungen verholzen und somit verschwinden. Diese Verringerung in der Dynamik ist aber nur ein Teil des Problems. Zum anderen kann sich nämlich auch die kurzfristige Dynamik vergrößern, indem sehr schnell an- und absteigende Abflüsse erzeugt werden. Darauf weist dieses Schild hin, das bestimmt schon jeder mal gesehen hat, der entlang eines für Wasserkraft genutzten Flusses wandern ging. Es weist auf eine besondere Problematik hin bei Kraftwerken, die zeitweise zusätzliches Wasser turbulieren, Spitzenstrom zu erzeugen und damit einen sogenannten Schwellbetrieb fahren. Welche Auswirkungen dies auf den Wassertand hat, sehen wir hier am Beispiel des Vorderrheins bei Ilanz, wo sich der Pegelstand mehrmals pro Tag abrupt ändert. Das ist die sogenannte Schwall-Sunk-Problematik. Sie führt zum Abschwemmen von Laich und Wasserlebewesen können an Land gespült werden und dort verenden. Und die erhöhte Trübung nach einem Schwall kann zudem Tiere und Laich schädigen. An Gewässern treffen ökologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Interessen aufeinander. Welche Beeinträchtigungen in Kauf genommen werden sollen und wie schwer diese wiegen, ist letztlich ein gesellschaftlicher Entscheid. Verschiedene Interessen müssen gegeneinander abgewogen werden und vor allem gilt es auch, die negativen Auswirkungen abzumindern. Dazu braucht es gesetzliche Anforderungen, die dann auch konsequent umgesetzt werden. Zum Beispiel für die Fischwanderung, für den Geschiebehaushalt oder für die Wasserführung. Wir haben gelernt, dass die Wasserkraft in der Schweiz zirka 60 Prozent des erzeugten Stroms produziert. Und wir haben diverse Vor- und Nachteile der Wasserkraft kennengelernt, welche es sorgfältig gegeneinander abzuwägen gilt. Im nächsten Video werden wir uns dann mit der Zukunft der Wasserkraft in der Schweiz befassen. [LEERES AUDIO] [LEERES AUDIO]